114 Porzellan
Die Bedeutung des Schwanenservices
Über zwei Jahrhunderte lag die Existenz des sog. Schwanenservices im Verborgenen und war der Öffentlichkeit
somit nicht zugänglich. Erst 1885 wurde es von Karl Berling, dem damaligen Direktor des Dresdener Kunstgewerbemuseum
im Zuge der Vorbereitungen zu einer heraldischen Ausstellung „wiederentdeckt“ und
gelangte so in der Fokus der Wissenschaft.
Das vermutlich 2200 Stücke umfassende Tafelgeschirr wurde auf Bestellung des sächsisch-polnischen Premierministers
Heinrich Graf von Brühl (1700-1763), zwischen 1737 und 1741 gefertigt. Nach dessen Tod
bis 1945 verblieben noch ca. 1400 Stücke auf Schloss Pförten, dem Stammhaus der Familie von Brühl.
Zum Ende des Zweiten Weltkrieges war die Familie durch den Druck der herannahenden Roten Armee
gezwungen zu fliehen und das Service zurückzulassen. In einem Versteck, hinter vermauerter Tür wurde
das Geschirr in einem Kellerdepot gelagert, jedoch letztendlich entdeckt. Infolge von Plünderungen und
einem Brandanschlag auf Schloss Pförten wurde der Großteil des Prunkservice zerstört. Heute sind die
restlichen, ca. 300 Teile in aller Welt verstreut.
Das Service ist das umfangreichste und prächtigste Porzellanservice des 18. Jahrhunderts und ein zentrales
Werk der Meissener Porzellankunst. Charakteristisch ist ein aufwendiger, muschelförmiger Reliefdekor,
das Elemente des Wassers zeigt. Hauptmotiv sind zwei schwimmende, von Schilf umgebende Schwäne mit
fliegendem Reiher nach den Entwürfen des Modelleurs Johann Joachim Kaendler unter entscheidender
Mitwirkung seiner Mitarbeiter Johann Friedrich Eberlein und Johann Gottlieb Ehder. Neben der Reliefgestaltung
finden wir vollplastisch ausgeformte Meeresfiguren wie Meeresgötter, Wassernymphen, Tritonen,
Nereiden, Delphine und Schnecken sowie eine zurückhaltende Bemalung mit Indianischen Blumen. Alle
Stücke tragen das Allianzwappen des Grafen und seiner Frau.
Graf von Brühl begann seine Tätigkeit am Hof von August dem Starken 1719. Aufgrund seines diplomatischen
Geschicks, seiner Tatkraft und seines Kunstsinnes wurde er schnell zum engen Vertrauten des Königs
und übernahm 1733 sogar die Direktion der Meissener Porzellanmanufaktur. Als Kunstliebhaber und
wegen seiner persönlichen Neigung zu Prunk und Prestige beauftragte er die
Manufaktur mit zahlreichen, privaten Bestellungen.
Er gilt heute als einer der wichtigsten
Auftraggeber der Meissener
Manufaktur.