434 Gemälde
1247
Hermann Max Pechstein
(1881 Zwickau - 1955 Berlin)
„Junges Mädchen am Meer“. Originaltitel
Pechstein gehört zu den wichtigen Protagonisten des Expressionismus in Deutschland, seitdem er 1906 zur
Künstlergruppe „Die Brücke“ stieß. Seine Inspirationsquellen waren neben Vincent van Gogh, Paul Gauguin und
die Fauves (wie für viele andere Künstler der Moderne) auch die exotische Kunst sog. „primitiver“ Völker. 1909
entdeckte Pechstein sein erstes Arkadien in dem Fischerdorf Nidden an der Nehrung in Ostpreußen, wo er
das unmittelbare Leben in freier Natur genoss; 1914 reiste er auf die Südseeinsel Palau. Nach dem Ersten
Weltkrieg fand Pechstein 1921 in dem kleinen pommerschen Badeort Leba an der Ostsee ein neues Paradies,
dass für ihn bis 1945 zur zweiten Heimat wurde. Während seiner dortigen Aufenthalte setzte sich Pechstein
überwiegend mit der Landschaft auseinander, daneben schuf er aber auch Figurenbilder und Portraits. Im August
1923 widmete er sich einem für sein Oeuvre der 1920er Jahren seltenen Thema - Strandszenen mit weiblichen
Akten (Wvz.-Nr. 1923/33-35). Hierzu zählt auch das „Junge Mädchen am Meer“, das ein sitzendes Mädchen
als Halbakt inmitten einer sommerlichen Dünenlandschaft vor Brandungswellen am Strand zeigt. Die Dargestellte
ist Marta Möller, die Pechstein im Juni 1921 in Leba als erst 16-jähriges Mädchen kennengelernt hatte und
die ihm seitdem häufig Modell stand und die er schließlich am 21. September 1923 heiratete. Pechstein hielt
sie mit spontanem, schnellem Duktus in ihrer Unmittelbarkeit fest. Stilistisch wesentlich sind unkonturierte, weich
miteinander verwobene Flächen in Türkisnuancen, sandigen Ockertönen, Weiß und Grün; das jugendliche Anlitz
wird vom dunklen Braun der langen, weich fallenden Haare umrahmt. Unübersehbar sind die Gemeinsamkeiten
mit den Südseeschönheiten Paul Gauguins, den Pechstein sehr bewunderte und dessen Werke er schon 1907 in
Paris intensiv studiert hatte. Mit seinen in bewusster Auseinandersetzung mit Gauguin entstandenen Gemälden
avancierte Pechstein in den Jahren vor dem 1. Weltkrieg in Berlin zum erfolgreichsten Expressionisten. Wie bei
Gauguin schildert auch Pechstein ein Motiv von großer Intimität - ein ganz in sich selbst ruhendes, sitzendes
Mädchen in der unverfälschten Natur. Zugleich ist das Gemälde ein subtiler Ausdruck von Pechsteins tiefer
Sehnsucht nach einem paradiesischen Zustand, dem Einklang von Mensch und Natur. Öl/Lwd.; L. u. signiert u. 1923.
81 cm x 100,5 cm. Rahmen. (171107)
Provenienz: Nachlass des Künstlers; Kunsthandel München; Privatsammlung London Privatsammlung München
(ca. 1989); Kunsthandel München; Privatsammlung Berlin.
Ausstellungen: Kunsthalle Kiel, 2010/11, Kat.-Nr. 160; Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg, 2011 Kunstmuseum Ahlen, 2011.
Lit.: Aya Soika: Max Pechstein. Das Wvz. der Ölgemälde, Bd. II, 1919-1954, München 2011, Wvz.-Nr. 1923/34 mit Farbabb.
Oil on canvas. Signed and dated 1923. Mentioned in the catalogue raisonné.
€ 185.000,–