Gemälde 585
1690 Otto Modersohn
1690
Otto Modersohn
(1865 Soest - 1943 Rotenburg/Wümme)
Birken am Moorkanal/Dorfstraße in Fischerhude
Doppelseitiges Gemälde, entstanden um 1915 bzw. um 1909/10. Bei der Komposition der abendlichen, frühherbstlichen Moorlandschaft bei
Worpswede wählte Modersohn einen ungewöhnlichen Blickpunkt, um Spannung und Tiefenräumlichkeit hervorzurufen. Durch zwei dominant im
Vordergrund stehende, mächtige, ausschnitthaft geschilderte Birkenstämme gliederte er die Bildfläche in drei vertikale Teile. Diagonal zieht sich
ein Moorkanal durch die Tiefe der Landschaft, auf der rechts eine typische Moorkate hinter einer rhythmischen Birkenreihe sichtbar ist, der eine
Moorfläche gegenüber gestellt ist. Farb- und Lichtkontraste bewirken das kühle, silbrige Blau des Himmels und Kanals in Verbindung mit der weißen
Rinde der Birken innerhalb der vorwiegenden warmen Brauntonigkeit der Landschaft. Auf der Rückseite zeigt die circa fünf Jahre früher entstandene
Fischerhuder Dorfszenerie einen abweichenden Motivcharakter und Stil. Geschildert wird eine Dorfstraße mit klaren Rechteck- und Giebelformen
aus Hausgiebeln, Dächern und einem Heuhaufen, wobei die Kompostion mittig von einem Eichenstamm mit Laterne geteilt wird; als belebendes
Element fügte Modersohn auf der linken Bildseite einen sitzenden Bauern ein. Der Malduktus ist durch feine, kurze, miteinander verwobene, pastose
Strichlagen gekennzeichnet. Beide Gemäldeseiten entstanden, als Modersohn, Mitbegründer der Worpsweder Künstlerkolonie, nach dem Tod
seiner Frau Paula Modersohn-Becker 1908 in das abgeschiedene, idyllische Dorf Fischerhude in der Wümmeniederung gezogen war. Intensiv
setzte sich Modersohn mit den Werken Vincent van Goghs und Paul Cézannes auseinander - deren Einfluss insbesondere auf der Seite mit der
Fischerhude Dorfstraße sichtbar ist. Der Erste Weltkrieg brachte Modersohn in eine finanzielle Notsituation, die ihn zwang, vom Herbst 1915 bis
Frühjahr 1917 in sein mietfreies Worpsweder Wohnhaus zurückzukehren; zugleich benutzte er in jenen Jahren auch immer wieder die Rückseiten
verworfener Gemälde als Malgrund. Öl/Lwd.; Auf der Vorderseite r. u. sign.; 65 cm x 84,5 cm. Rahmen.
Beigefügt: Bestätigung von Rainer Noeres, Otto-Modersohn-Museum, Fischerhude, 14.06.2003.
Lt. Auskunft von R. Noeres existieren mehrere Zeichnungen mit Studien Modersohns für die Dorfansicht der Rückseite.
Provenienz: 1987-1992 als Dauerleihgabe in der Niedersächsischen Landesvertretung, Bonn; deutsche Privatsammlung.
Double-sided painting. Signed. Accompanied with a confirmation of authenticity by Rainer Noeres, Otto Modersohn-Museum, Fischerhude, 14h of June 2003.
€ 20.000,–