Gemälde 657
1742 Lyonel Feininger. "Ziebigk" (Originaltitel).
1742
Lyonel Feininger
(1871 New York - 1956 New York)
„Ziebigk“. Originaltitel
Seltenes, 1945 entstandenes, einzigartiges Dessau-Motiv Feiningers als Remineszenz und Hommage an die Stadt, in der
er als Meister am Bauhaus 1925-1932 gewirkt hatte. Bei dem Blatt handelt es sich um typische Feininger-Komposition
mit niedrigem Horizont und hohem Himmelsraum, wobei die langgestreckten Motive der Bebauung durch einen Kirchturm
akzentuiert werden und nahezu im Goldenen Schnitt angelegt sind. Bei dem markanten Kirchturm handelt es sich um denjenigen
der Christuskirche in Dessau-Ziebigk, vorgelagert sind langgestreckte Wohnblöcke einer Siedlung. Innerhalb seines
Oeuvres an sog. „Naturnotizen“ finden sich kaum Arbeiten Feiningers zu Dessau, erst im Februar 1932 schuf Feininger
zwei Skizzen von zwei- bzw. dreigeschossigen Wohnblöcken, wie er sie in Dessau bzw. Ziebigk gesehen haben dürfte.
Auch nach seiner endgültigen Rückkehr in die USA im Jahr 1937 hat Feininger immer wieder deutsche Motive verarbeitet.
Als Basis und Inspirationsquelle dienten ihm hierbei neben der eigenen Erinnerung jene aus Deutschland mitgebrachten
„Naturnotizen“. Auch die beiden Skizzen aus dem Jahr 1932 bildeten so wahrscheinlich das Grundgerüst für die Zeichnung
von 1945, in die er den Turm der Christuskirche wohl noch aus der Erinnerung einfügte. Feininger stand auch nach
seinem Weggang aus Deutschland 1937 im regen Austausch sowohl mit deutschen Freunden als auch seinen Töchtern
aus erster Ehe, so dass er gut über die Geschehnisse in seiner geliebten „Wahlheimat“ informiert war. Hierdurch dürfte er
auch von den schweren Bombenangriffen auf Dessau Anfang 1945 gewusst haben. Gewiss waren jene für Feininger in
einer emotionalen Bewegtheit der unmittelbare, spontane Anlass zur Schaffung dieser Zeichnung - Dessau und das Bauhaus
hatten mit ihrer großartigen Gemeinschaft von Künstlern wie Kandinsky, Klee, Schlemmer sowie bedeutenden Architekten
und Designern einen überaus hohen persönlichen Stellenwert. Bekräftigt wird die Annahme durch die knappe Datierung
auf dem Blatt, die entgegen der üblichen Praxis Feiningers nur das Jahr angibt. Aquarell, schwarze Feder u. Tusche/Papier.
Unterhalb signiert, betitelt u. datiert 1945. 26,5 cm x 46 cm (Passepartoutausschnitt). Rahmen.
Wir danken Herrn Wolfgang Büche, ehem. Kustos am Kunstmuseum Moritzburg in Halle/Saale, für freundliche Informationen zum Werk.
Provenienz:
Erworben 1980 in der Galerie und Kunsthandlung Rolf Ohse, Bremen; seitdem in norddeutscher Privatsammlung.
Watercolour, ink and brush on paper. Signed, titled and dated 1945.
€ 24.000,–