618 Gemälde
1614
Jan Brueghel (Breughel) der Jüngere
(1601 Antwerpen - 1678 ebenda)
Paradieslandschaft mit Erschaffung des Adam
Brueghel schildert das Paradies als eine weite, morgendliche, baumbestandene Landschaft, die von diversen, aus den
unterschiedlichsten, nördlichen und südlichen Weltregionen stammenden Tierarten belebt ist - darunter Kronenkranich, Damhirsch,
Rentier, Pelikan, Leoparden, Meerschweinchen, Hund und Katze, Kamel, Nashorn und Strauße. In diese komponierte
er auf der rechten Bildseite im Mittelgrund die Erschaffung Adams durch Gottvater. Laut Gutachten von Dr. Klaus Ertz hat
Jan Brueghel der Jüngere die gesamte Komposition einschließlich der Tiere und beiden Figuren gegen Ende der 1620er
Jahre in Antwerpen gemalt. Das sehr gut erhaltene Tafelbild besticht durch den frischen und leuchtenden Eindruck der in
lasierender und fein-pastoser Malerei aufgetragenen Farben sowie durch die malerische Qualität der überaus lebendig
und naturnah geschilderten Tiere. Religiöse Themen aus dem Alten und Neuen Testament gehörten zum festen Repertoire
des Malers. Brueghel schuf mehrere Werkreihen und Zyklen mit Paradieslandschaften, zu denen auch dieses Gemälde
gehört. Während das Motiv der sich balgenden Leoparden und das hier friedlich nebeneinander ruhende antagonistische
Paar Hund und Katze mehrfach im Oeuvre Breughels vorkommt, ist die Darstellung eines Rentiers höchst außergewöhnlich
und einzigartig. Auch in der europäischen Grafik und Malerei des 16. und 17. Jhs., zumal vor der Entstehungszeit dieses
Gemäldes, gehören Rentierdarstellungen zu den absoluten Seltenheiten. Es handelt sich um eine der frühesten Darstellungen
dieser Spezies - vor Brueghel hat nur der weitgereiste Joris Hoefnagel (1542 - 1600) ein Rentier dargestellt, wie ein
1575-1585 entstandenes Aquarell aus dem Besitz Kaiser Rudolf II. belegt. Brueghel war sich zweifellos der Ausgefallenheit
des exotischen Motivs bewusst, das deshalb neben dem Leopardenpaar auch die Szenerie im Vordergrund dominiert.
Der große Realismus der Darstellung spricht dafür, dass Brueghel das außerhalb Skandinaviens überaus rare Tier in eigener
Anschauung selbst gesehen und studiert hat. Rentiere waren in aristokratischen Tiergärten der Renaissance und des
Barock zwar begehrte Sammel- und Schauobjekte, vermochten sich dem mitteleuropäischen Klima und den damaligen
Haltungsbedingungen jedoch nur schlecht anzupassen und gingen nicht selten rasch ein. Brueghel dürfte das im Gemälde
geschilderte Rentier in der berühmten Menagerie des Brüsseler Schlossparks gesehen haben, das eine der bedeutendsten
Sammlungen exotischer Tiere in Europa beherbergte und in der bereits sein Vater Jan Brueghel d. Ä. Tierstudien für dessen
Paradieslandschaften betrieben hatte. Als Auftraggeber des Gemäldes ist ein hochgestelltes Mitglied des Hofes anzunehmen,
der wie Rudolf II., Hoefnagel und Brueghel selbst vom Rentier fasziniert war und die in der flämischen Malerei des
17. Jhs. einzigartige Darstellung dieses seltenen Tieres gewünscht haben dürfte. Öl/Eichenholztafel, parkettiert. 33,5 cm
x 46,3 cm. Rahmen.
Beigefügt: Gutachten von Dr. Klaus Ertz, 11.03.2017.
Lit.: Klaus Ertz „Jan Brueghel der Jüngere“, Freren 1984, S. 269-297, Nr. 86-125 (weitere Paradieslandschaften).
Provenienz: Ehemals in der Sammlung des Grafen Philipp Karl Wilhelm Michael von Seinsheim (1713 - 1761),
Dompropst zu Speyer, Domherr zu Köln, Salzburg und Bamberg.
Oil on cradled oak panel. Accompanied by an expertise from Dr. Klaus Ertz, 11th of March 2017. € 85.000,–