232 Moderne Skulpturen/Plastiken
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Gerhard Marcks
(1889 Berlin - 1981 Burgbrohl/Eifel)
„Torso Betula“. Originaltitel
Bronze, dunkelbraun patiniert, 1938. Künstlersignet („Phönix“). Gießerstempel
„GUSS BARTH RINTELN“ mit römischer Nummerierung „VII“. Guss nach
1970 aus der von Marcks festgelegten, kleinen, autorisierten Auflage von 10
Exemplaren. Wvz. Rudloff 355a. Der Torso einer auf einer rechteckigen Plinthe
in leichter Schreitstellung stehenden, jungen, schlanken Frau entstand in einer
Zeit schwerer Bedrängnisse für Marcks, so dass Bronzegüsse erst nach 1945
zustande kamen. Schon 1933 war Marcks, der 1919-1924 am Bauhaus
gewirkt hatte, als kommissarischer Direktor der Kunstschule Burg Giebichenstein
in Halle/S. entlassen worden. 1936 wurde das gemeinsam mit Carl
(Charles) Crodel gestaltete Musikzimmer der Burse zur Tulpe in Halle zerstört.
1937 begannen die systematischen NS-Plünderungsaktionen der „Entarteten
Kunst” in Museen, öffentlichen Kunstsammlungen und in der Galerie Buchholz
gegen Marcks, zu der 86 Werke gehörten. Der Künstler erhielt ein vorläufiges
Ausstellungsverbot, oft Vorbote eines drohenden Arbeitsverbotes. Zwar konnte
Marcks ab 1939 in einem neuen, eigenen Atelier in Berlin-Nikolassee arbeiten,
doch fiel es bereits 1943 mit zahlreichen seiner Werke dem II. Weltkrieg
zum Opfer. Das künstlerische Credo brachte Marcks selbst prägnant zum Ausdruck:
„Plastik ist eine Sache der Gewichte und Proportionen, dem Chaos des
Lebens abgerungene Form. Da gibt‘s nichts ‚Neues‘.“ So steht auch dieser Torso
wie viele seiner weiblichen Statuen in ihrem Ausdruck nach in der Tradition
der archaischen Plastik. Vorausgegangen war eine Griechenland-Reise 1928,
die zum prägenden Schlüsselerlebnis für sein weiteres Skulpturenverständnis
wurde. Zur gleichen Zeit hatte Marcks die Bronze als bevorzugtes Material
seiner in sich selbst ruhenden, menschlichen Plastiken entdeckt, die von einem
überzeitlichen Ausdruck fern von jeglichem Pathos sind. H. 83.5 cm.
Dark brown patinated bronze, 1938. Artist‘s sign., numbered in Roman numerals „VII“ (from a
small edition of 10). Foundry stamp „GUSS BARTH RINTELN“. Cast after 1970.
€ 19.000,–