368 Altes Porzellan - Teil 1
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Außergewöhnliches Vasenpaar mit Ansichten von Schloß Stolzenfels
Gegenstücke. Über quadratischer Plinthe und hochgezogenem Rundfuß mit abgesetzter Wulst amphorenförmiger Korpus mit gerundeter Schulter, eingezogenem
Hals und weit ausgestelltem Rand. Seitlich aus stilisierten Palmettenreliefs aufsteigende Rosettenhenkel. Auf den Schauseiten, in goldradierten
Reserven gerahmte Ansichten von Schloss Stolzenfels nahe Koblenz nach Ölgemälden von Carl Daniel Freydanck von 1847/1848. Die Vasenkorpi
umlaufend umzogen von virtuos gemalter und goldakzentuierter Dekoration mit Bordüren aus reservengerahmten Blütenzweigen und Palmetten sowie
goldradiertem Rankenwerk, Flechtband und Vermicelli-Fond. Der Hals mit breitem Efeublattfries zwischen bordeauxfarbenen Fondbändern. Ausgesprochen
feine polychrome Malerei mit Vergoldungen an Henkeln und Randzone. Form-Entw. Karl Friedrich Schinkel, um 1820 – 1830. Innenseiten der Mündung
bez.;, Zepter-, Pfennig- und Malereimarke. H. 59 cm.
Das Bildprogramm der vorliegenden Vasen umfasst die Schlösser Stolzenfels und das Kurfürstliche Schloss in Koblenz und im weitesten Sinne die sog. Rheinprovinzen, die im Rahmen der
Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress 1815 an Preußen fielen. In den Rheinprovinzen waren fortan preußische Soldaten als Ordnungshüter stationiert. Prinz Friedrich, der Neffe
von Friedrich Wilhelm III. initiierte Ankäufe von rheinischen Burgen und Schlössern wie auch ihre Wiederherstellung. Das zwischen 1777 und 1793 erbaute Kurfürstliche Schloss wurde
ab 1823 als Gerichtsgebäude genutzt, bevor es 1840 ausgebaut wurde. Es ist eine der letzten Ansichten, die Freydanck für die KPM Berlin schuf. In der Darstellung mit preußischen
Offizieren inszenierte Freydanck die Soldaten nicht nur als Figurenstaffage; die Soldaten repräsentieren zugleich den Einfluss Preußens in den Rheinprovinzen. Das Vasenpaar ist durch
eine qualitätvolle, ornamentale Gestaltung aus Blüten- und Rankenbordüren gekennzeichnet, die an Dekorationsentwürfe von Friedrich August Stüler oder Carl Boetticher (Bötticher) für
repräsentative Geschenkvasen anlehnen.
Vgl. Kat. Carl Daniel Freydanck 1811 - 1887, S. 162ff., 170ff.; Köllmann/Jarchow, Berliner Porzellan, Bd. II. S. 585 (Form), Royal collection in the Osbourne house, Wittwer, Kat.
Raffinesse und Eleganz, Slg. Cohen, S. 434.
A pair of exceptional vases modelled by K. F. Schinkel in 1820/30 with finely painted topographical views of Castle Stolzenberg and the Electoral Palace in Koblenz after Carl Daniel
Freydanck and Caspar Scheuren. Counterparts. Sceptre, Pfennig and painter‘s mark.
KPM-Berlin. Um 1849 - 1870. € 46.000,–