284 Altes Porzellan - Teil 1
861 Ansicht der Tischplatte mit szenischer Darstellung einer
"Fête champêtre" nach Jean Antoine Watteau.
861 Ansicht des Fußes.
861
Neorokoko-Ziertisch mit szenischer Darstellung einer „Fête champêtre“
nach Jean Antoine Watteau
Porzellan. Von ausgezogenen Volutenfüßen getragener, dreiseitiger Sockel mit balusterförmigem, mehrfach gegliedertem
Schaft als Träger für eine passig geschweifte, runde Tischplatte mit profilierter Kante. Allseitig reliefplastischer, in zartem
Rosa und Seegrün staffierter Dekor aus Rocaillen, Palmblättern und Muschelreliefs, umzogen von frei modellierten, aufgelegten
Blüten- und Blattranken mit kleinen, vollplastischen Figuren einer sitzenden Blaumeise und eines Kanarienvogels.
Die Tischplatte mit großer, von Goldranken gerahmter Vierpassreserve auf kobaltblauem Fond, begleitet von passig ausgesparten
Kartuschenfeldern mit farbenprächtigen Blumengebinden. Darin szenische Darstellung einer höfischen Rokoko-
Gesellschaft beim ländlichen Fest, sog. Fête champêtre. Vor idyllischer Landschaftskulisse verschiedenartig komponierte,
galante Gruppen von adligen Damen und Herren beim ausgelassenen Beieinandersein. Inmitten der sitzende Mezzetin,
Komödiantenfigur aus der Commedia dell‘Arte. Mezzetin in roséfarbenem und weiß gestreiftem Kostüm. Im Hintergrund
links eine schaukelnde, von einem Kavalier angeschobene Dame. Äußerst feine, polychrome Malerei mit reichem Golddekor.
Entw. Ernst August Leuteritz, 1854. Rest.; Schwertermarke. Meissen. 2. Hälfte 19. Jh.; H. 81 cm.
Stiltypische Darstellung nach Antoine Watteau (1684 - 1721), der mit seinen „Fête champêtre“- und „Fêtes galantes“-Szenen in der französischen
Rokoko-Malerei eigenständige Bildgattungen prägte. In einer mehrschichtigen Komposition mit vielseitigen Blickrichtungen, bewegten Posen und
Gesten der Protagonisten und nicht zuletzt mit den faltenreichen Gewändern der Rokoko-Zeit entsteht eine dynamische Bewegtheit im Bild. Die subtil
und nuancenreich abgestufte Farbgebung schafft zudem eine effektvolle Tiefenwirkung.
Ab Mitte des 19. Jhs. stellte die Porzellanmanufaktur Meissen - gemessen an dem Repräsentationsbedürfnis der Käuferschaft - zahlreiche Klein- bzw.
Luxusmöbel im Stil des Neorokoko für das betuchte Bürgertum her, mit fein ausgeführten Gemälden berühmter Künstler und reicher plastischer Gestaltung.
Als exklusive Auftragsarbeiten, unter anderem für bedeutende, europäische Höfe, gestaltete sie aber auch ganze Zimmereinrichtungen aus
Wandspiegeln, Konsolen und Deckenlüstern sowie Leuchtern und Tafelaufsätzen in Porzellan für bedeutende, europäische Höfe. Bereits 1867 stellte
die Manufaktur auf der Pariser Weltausstellung einen Tisch mit Malereien nach Entwurf von Julius Schnorr von Carolsfeld vor.
Vgl. Fay-Hallé/Mundt, Europäisches Porzellan vom Klassizismus bis zum Jugendstil, Abb. 324, S. 188; Jedding, Meißner Porzellan des 19. und
20. Jhs., S. 38; Ausst.-Kat. Kunst oder Kommerz?, Meissener Porzellan im 19. Jh., Abb. 8, S. 80.
A rare Neorococo porcelain table modelled by E. A. Leuteritz in 1854, richly decorated with rocaille decor, applied tendrils of flowers and a very
finely painting of a „Fête champêtre“ scene after Jean Antoine Watteau on the table top. Restored. Crossed swords mark.
Meissen. 2. Hälfte 19. Jh. € 68.000,–