606 Gemälde
1755
Französischer Maler
(Tätig Ende 17. Jh.)
Bildnis Karls des Großen als König von Frankreich
Repräsentatives Bildnis des Kaisers in Dreiviertelfigur, ganz der Tradition entsprechend mit Vollbart. Dieser steht in befehligender
Pose mit nach unten weisendem Zepter in der rechten Hand, den Blick in dieselbe Richtung gerichtet, während seine
linke Hand auf dem Knauf eines Schwertes an seiner linken Hüftseite ruht. Zu seiner rechten Seite ruht auf einem steinernen
Sockel eine große Kugel als Symbol für die Welt. Weitaus komplexer sind die Kleidung und die weiteren Attribute des
Kaisers. Über einer geschlitzten Hose in der Mode der Renaissance trägt er ein Kettenhemd und einen über die Hüften
reichenden Harnisch, der linke Ärmel zeigt einen roten, golden gestreiften Stoff. Über den Harnisch gelegt hat Karl einen
die Brust bedeckenden Hermelinmantel und einen blauen, mit goldenen Lilien (Fleur-de-Lys) gemusterten Umhang als Symbol
der Herrschaft über Frankreich. Anachronistisch sind die zwei kunstvoll gearbeiteten, goldenen Collanen: der 1578 durch
König Heinrich II. von Frankreich gestiftete Orden vom Hl. Geist und der 1469 von Ludwig XI. gestiftetete Orden vom Hl.
Michael. Die goldene, mit Edelstein geschmückte Krone ist helmartig geschlossen, wie sie auch auf anderen Darstellungen
des 16./17. Jhs. öfters geschildert wird. Die in goldenen Majuskeln oberhalb angebrachte, lateinische Inschrift gibt
die Erläuterung zur Darstellung und zum Symbolgehalt: „CAROLUS REX INCLY(U)TUS ARMI(S) / IVSTITIA CONSTANS
RELIGIONE SIC PIUS“, was übersetzt soviel bedeutet wie „Karl, König der Gallier, berühmt durch seine Waffentaten (/)
in der Gerechtigkeit standfest, in der Religion fromm.“ Entscheidend für die Interpretation des Gemäldes ist, dass es nicht
auf eine historisch korrekte Darstellung des Herrschers abzielt, sondern dass es eine evidente symbolische Aussage hat.
Während Karl der Große sonst fast ausschließlich in beiden Herrscherfunktionen geschildert wird (meist durch zwei bzw.
ein gespaltenes Wappen oder auch Kleidung), wird er auf diesem Gemälde ausschließlich als König von Frankreich und
als „Charlemagne“ dargestellt und eben nicht als auch erster Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. In
ähnlicher Weise wurde Karl der Große auf einem um 1581-1631 entstandenen Kupferstich mit Brustbildnis von Léonard
Gaultier (1561 - um 1635) gezeigt. Dies entspricht offenbar ganz französischen Vorstellungen seit den Kapetingern im
Mittelalter und wie sie zum Teil noch heute vorherrschen: auch das 1380 entstandene, französische Krönungszepter Karls
V., in der Frühen Neuzeit auch als Zepter Karls des Großen bekannt, bezieht sich ganz auf ihn und war bis zu Karl X. in
Gebrauch. Zudem wird Karl auf dem Gemälde insbesondere als oberster Richter geschildert, wohingegen seine Verehrung
als Heiliger nach seiner Kanonisation (1165) nur mit den zwei Worten „religione pius“ angedeutet wird. Der sich an
französischen Repräsentationsporträts des Hochbarock orientierende Stil spricht ebenso wie die Ikonographie für einen
französischen Maler, der Ende des 17. Jhs. tätig war. Die Größe und der Symbolgehalt lassen darauf schließen, dass er
das Gemälde im Auftrag für ein öffentliches Gebäude schuf. Öl/Lwd.; 153 cm x 115 cm.
French painter active late 17th century. Oil on canvas.
€ 39.000,–