350 Altes Porzellan - Teil 1
957 Ansicht Rückseite.
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Hochbedeutende Prunkvase mit
Schlangenhenkeln und Pâte-sur-pâte-
Malerei
Über hochgezogenem, profiliertem Rundfuß mit Nodus
gedrückt-ovoider Korpus mit gerundeter Schulter, in
eingezogenen Hals und weit ausschwingenden Rand
übergehend. Seitliche Henkel in Gestalt eines Schlangenpaares,
am Schulteransatz aus den Mäulern von
großen Löwenkopfmaskaronen emporsteigend und sich
zum Rand hin spiralförmig windend. Kobaltblauer Fond.
Auf der Schauseite goldgerahmte Reserve mit mythologischer
Szene eines Kentauren mit Lyra, auf seinem Rücken
eine Nymphe sitzend, wohl Darstellung von Cheiron.
In Weiß, als fein erhabenes Relief aufgetragene Pâtesur
pâte-Technik auf seladonfarbenem Fond. Rückseitig
schwebender Putto mit Weinranke. Umlaufend reiche,
historistische Ornamentik aus Akanthusrollwerk, stilisierten
Anthemien-, Kymation- und Palmettenfriesen sowie
weiblichen Maskaronköpfen in teilw. radiertem Gold
und Platin, akzentuiert mit kleinen Blumen- und Früchtegebinden
sowie ausgefüllten Fondflächen in polychromer,
leicht erhabener Emailmalerei. Entw. Ernst August
Leuteritz, um 1860. Modell-Nr. E 184. Schwertermarke.
H. 49 cm.
Leuteritz‘ Entwurf zu diesem Vasentypus präsentierte die Meissener
Manufaktur erstmals auf der Pariser Weltausstellung 1867. Sie besticht
vor allem durch die ausdrucksstark modellierten Löwenköpfe,
die in ihren zuschnappenden Mäulern die scheinbar aufschreienden
Schlangen halten. Diese Prunkvase vereint in gekonnter Weise
verschiedene Dekortechniken, die im 19. Jh. auf Porzellan beliebt
wurden und die Art der Porzellangestaltung maßgeblich beeinflussten.
Die erstmals auf der Londoner Weltausstellung im Jahr 1851
von der Manufaktur Sèvres vorgestellte Pâte-sur-pâte-Technik ist eine
Schlickermalerei, bei der flüssige Porzellanmasse mit dem Pinsel in
mehreren, durchscheinenden Schichten auf bereits farbig angelegte
Fondfarben aufgetragen, dann glasiert und gebrannt wird. Der
sich ergebende Reliefcharakter ruft einen Cameo-Effekt hervor, der
an fein geschnittene Kameen erinnert, die aus einem Schmuckstein
herausgearbeitet werden. Der Sèvres-Dekormaler Marc Luis Solon
(1835 - 1913) war Meister auf diesem Gebiet. Er emigrierte um
1870/71 nach England, wo er sich in der Porzellanmanufaktur
Minton in Stoke-on-Trent ganz und gar der Arbeit mit der Pâte-sur-pâte
Technik widmete. In der Manufaktur Meissen war es der Chemiker
Dr. H. Heintze, der diese Technik um 1878, auf Porzellangefäßen
umsetzte. Die Manufaktur präsentierte einige Arbeiten dieser Art auf
der Weltausstellung 1893 in Chicago, darunter den sog. „Juwelenschrank“,
eine als Gesamtkunstwerk aus verschiedenen Materialien
gefertigte Schmucktruhe nach Entwurf des Manufakturisten Ludwig
Sturm mit eingelegten „Pâte-sur-pâte“- Porzellanplatten, womit Meissen
in Chicago großes Aufsehen erregte. Kostbar anmutend ist auch
der detailreich ausgeführte, sich kontrastreich vom kobaltblauen
Grund abhebende Ornamentdekor in der Art der sog. Juwelenporzellane.
Durch das Auftragen von farbigem Email, Gold und Platin
wird der Eindruck von exquisiten Goldschmiedearbeiten mit kostbarem
Edelstein- und Perlenbesatz sowie kleinen Diamanten vermittelt.
Vgl. Jedding, Meißener Porzellan, S. 90, Illustrierter Katalog der
Pariser Industrie-Ausstellung von 1867, S. 4.
An exceptional porcelain vase with handles modelled as winded
snakes, finely painted with a mythological scene of the abduction of
Deianira by Nessus in pâte-sur-pâte with rich „jewelled“ decoration
in gold, platinum and enamel colours. Crossed swords mark.
Meissen. Um 1900.
€ 120.000,–